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Vorgeschichte: Hamburg brennt!

5. Mai 1842. Gegen 1 Uhr nachts bricht im Hinterhaus Deichstraße 42 aus ungeklärten Gründen Feuer aus. Bei starkem Südwestwind verbreitet sich das Feuer bis zum Jungfernstieg, wo die Binnenalster eine natürliche Grenze bildet. Das Feuer ergreift aber auch die östliche Stadtfläche und kommt hier Dank der Wallringhöhe am Glockengießerwall zum Erlöschen.

In den folgenden drei Tagen legt das Feuer ein Drittel der Altstadt in Schutt und Asche. Betroffen sind 71 Straßen. Vernichtet werden 1.749 Häuser, 1.508 Säle, 474 Keller, 488 Buden, 9 Ställe, 7 Gotteshäuser, 102 Speicher, zahlreiche öffentliche Gebäude und die Alstermühlen. 51 Menschen sterben, 120 werden verletzt, 20.000 werden obdachlos (bei einer Gesamtbevölkerung von 159.800 einschließlich der Vorstädte).

Ein Viertel der Altstadt fällt in Schutt und Asche. Zu den zerstörten Gebäuden gehören St. Nikolai, St. Petri, die Zuchthauskirche, die Spinnhauskirche, die St. Gertrudenkapelle, zwei Synagogen, Banken, die Alte Börse und viele mehr. Menschenmassen in Panik und Schaulustige behindern die Löscharbeiten. Plünderungen und Ausschreitungen kann die Bürgergarde nur mit Waffengewalt entgegentreten. Die Zerstörungswut des Mobs übertrifft sogar noch die Beutegier.

Hamburg stehen 31 große und 5 kleine Löschspritzen zur Verfügung, dazu 11 Schiffspritzen. Im Dienst sind 1.150 Feuerwehrleute und Feuerhelfer. Es hat lange nicht geregnet, der Wasserstand in den Fleeten ist niedrig. Der Feuerwehr fehlen Organisation und Disziplin. Einige Löschtrupps löschen in Wein- und Spirituosenlagern vor allem den eigenen Brand und irren weinselig und in guter Laune durch die Stadt. Der optische Telegraph ruft Feuerwehren aus Altona, Blankenese, Wedel, Lübeck, Kiel, Lauenburg, Stade, Harburg und Wandsbeck zu Hilfe. Auch Schaulustige werden an die Sprützen gezwungen.

Die alten Spritzenleute, Lithographie von J. Scheidei

Der Vorschlag von Spritzenmeister Adolf Repsold Häuser als Schneisen zu sprengen, wird zunächst abgelehnt. Bürgermeister Benecke entscheidet dann aber doch die Sprengung des Niedergerichts und der Kämmerei neben dem Rathaus und schließlich des 500 Jahre alten Rathauses selbst, um den Flammen Einhalt zu gebieten. 800 Pfund Pulver zerstören es innerhalb weniger Minuten, bringen aber nicht den gewünschten Effekt und verhindern nur noch, dass das Feuer auf das Katharinenkirchspiel übergreift. Sprengungen am Graskeller retten die Neustadt, Sprengungen am westlichen Jungfernstieg den Gänsemarkt.

Am 6. Mai werden die Häuser am Jungfernstieg gesprengt, Lithographie von Peter Suhr

Die Neue Börse war erst im Dezember 1841 eingeweiht worden. Man glaubte sie nun verloren, kann sie dann aber im letzten Moment retten. Sie wird zum Hoffnungsträger des Wiederaufbaus und zum Symbol der kommerziellen Wiedererstarkung unserer Stadt.

Die Neue Börse besteht inmitten der Flammen, Steinzeichnung von Otto Speckter

Die Neue Börse um 1846, Lithgraphie von Ludwig Eduard Lütke

Der entstandene Schaden betrug 135 Millionen Hamburgische Mark, was mehr fast einer Milliarde Euro entspricht. Von den Gebäudeschäden (35 Millionen Mark) und den Kaufmannsgütern, Handelsgüter und Hauseinrichtungen (58 Millionen Mark) erstatteten die Versicherungen einen Teil, allein die Hamburger Feuerkasse 38 Millionen Mark. Drei Versicherungsgesellschaften gingen durch den Großen Brand Konkurs.

Aus der ganzen Welt kamen Spenden für Hamburg, insgesamt fast 7 Millionen Mark. Preußen lieferte 20.000 Brote und 2.000 Wolldecken. Das dänische Altona lieferte zwei Wochen lang täglich 1.000 Portionen warmer Suppe. Vor allem aber fanden viele Menschen in den umliegenden Städten Unterkunft und Versorgung.

Es dauerte lange, bis unsere Stadt im Brandschutz Lehren aus dem Hamburger Brand zog. Zu stark waren zunächst noch die entgegenstehenden wirtschaftlichen Interessen einzelner Ratsmitglieder. Erst 30 Jahren später (1872) entschloss man sich zur Gründung einer Berufsfeuerwehr. Erst 1868 verpflichtete man die Hausbesitzer zur Zwangsversicherung bei der Hamburger Feuerkasse. Erst 1871 wurde eine Feuertelegraphenleitung mit 46 Sprechstellen und 48 Meldestellen gelegt.

Hamburgs Feuerwehrleute nach 1859, Lithographie von Heinrich Jessen

Aber – die Erfahrungen des Hamburger Brandes prägten das Bürgerinteresse und die bürgerliche Mitverantwortung der kommenden Jahrzehnte.

Der Johannisplatz, bebaut von den Abgebrannten, Lithographie von H. Jessen

Hülfswohnungen am alten Jungfernstieg, Lithographie von Peter Suhr

Entwurf zum Aufbau des abgebrannten Theiles der Stadt Hamburg

 

Autor: Michael Weidmann

Die Torsperre

Hamburgs Stadtwappen trägt das geschlossene Tor der wehrhaften freien Stadt. Auch wenn es mit der Wehrhaftigkeit nie so weit her war, waren die vier Stadttore in den Festungswällen doch regelmäßig geschlossen. Des Nachts, aber auch zur Zeit der Predigten an Sonn- und Feiertagen (bis 1784), während aller Rats- und Bürgerschaftssitzungen, während Exekutionen und bei Ausbruch von Feuer (bis 1784) schlossen sich die Tore. Wer dann noch kam, durfte nicht mehr passieren.

1798 wurden zunächst am Steintor, von 1800 und 1814 an auch an allen anderen Toren Sperrzeiten eingeführt, zu denen man wenigstens gegen eine Gebühr passieren durfte. Von da an musste derjenige, der nach der Torsperre die Stadt betreten wollte, 2 bis 16 Schillinge bezahlen, gestaffelt nach Zeit und abhängig davon, ob man zu Fuß oder mit Pferd und Wagen passieren wollte. Angeblich konnte Hamburg aus diesen Einnahmen von insgesamt mehreren hunderttausend Talern die wichtigsten städtischen Kosten bestreiten.

Toresschluss war bei Einbruch der Dunkelheit, im Winter daher schon um 16:30 Uhr. Betroffen waren dann vor allem Arbeiter, die bei wachsender Stadt zunehmend vor den Toren wohnten. Aber auch der Besuch von Wirtschaften in den Vorstädten oder eine Fahrt zu den Landhäusern und Gärten vor dem Dammtor waren dann erschwert. Wenn die Sperrzeit nahte, war das Millerntor das am meisten belagerte. Hastiges Gedränge gab zu manchem Ärgernis Anlass.

Spottbild auf die Torsperre aus dem Jahre 1848, Steinzeichnung von F. Wurzbach

Neben der Thor-Gebühr war beim Passieren die Akzise zu entrichten, eine Art Steuer auf Verbrauchsgüter, vor allem auf Grundnahrungsmittel, die sich innerhalb der Stadt entsprechend verteuerten. Genauso ärgerlich war die Arbeit der Zunfttorwächter, die an den Toren darauf achteten, dass insbesondere aus den Vorstädten St. Georg und St. Pauli keine Handwerkserzeugnisse eingeführt wurden.

Das Altonaer Thor ohne Jahresangabe, J. Sander

Das Holstenthor ab 1859, J. Gottheil

Am 9. Juni 1848 brach auch in Hamburg eine kleine Revolution aus. Nach dem in St. Georg abgehaltenen Lämmermarkt stürmte eine große Menschenmenge die Wache am Steintor und setzte mit Brennmaterial aus dem Lämmermarktsbuden die Wache und das Akzisegebäude in Brand. Die Feuerwehr wurde zunächst am Löschen gehindert. Erst das Bürgermilitär konnte dann – ohne Blutvergießen – die Menge zerstreuen und die Löscharbeiten ermöglichen.

Der Lämmermarkt zu St. Georg, Zeichnung von Chr. Förster

Das brennende Steintor am 9. Juni 1848, Lithographie von Peter Suhr

Mandat vom 13. März 1848

Der organisierte Widerstand, vor allem durch die inzwischen gegründeten ersten Bürgervereine, hatte Erfolg: Am 31. Dezember 1860 um 05:30 Uhr wurde die Torsperre aufgehoben. Sperrtafeln und Sperrglocken wurden sofort entfernt. Von den in öffentlicher Auktion verkauften Sperrglocken gingen zehn nach Süd-Afrika in die Hermannsburger Missionsstationen.

Wo kann’t angahn. Aufhebung der Thorsperre in Hamburg am 31. December 1860, Zeichnung von Robert Geißler


Autor: Michael Weidmann

Hamburgs Soldaten

Hamburg schuf zu Beginn des 17. Jahrhunderts eine ständige Söldnertruppe zur Verteidigung der Stadt. Diese war zunächst nur 100 Mann stark, wuchs dann wegen des Dreißigjährigen Krieges 1638 auf 1.489 Soldaten und um 1800 auf 1.974 Soldaten. Sie untergliederte sich in 84 Dragoner, 1800 Grenadiere und Musketiere und 90 Kanoniere mit 315 Geschützen. Die einfachen Soldaten waren nicht uniformiert. Trotzdem waren die Kosten der Garnison gewaltig, weshalb die Bürgerschaft regelmäßig die Auflösung erwog.

Hamburger Soldreiter um 1650, Hamburger Stadtsoldat (Grenadier) um 1770

Officierspatent der Bürgerwache 1749, Kupferstich von C. Fritsch

Das Hamburger Stadtmilitair: Dragoner, Grenadiere, Musketiere und Konstabler in Parade auf dem Großneumarkt im Jahre 1800, Peter Suhr

Zwei Kompanien der Bürgerwache ziehen vom Dammtor aus nach Hause, um 1800, Lithographie von Peter Suhr

Hamburgisches Bürgermilitär um 1800

Neben diesen Berufssoldaten bildete sich 1617 eine Bürgerwache aus fünf Regimentern, für jedes Kirchspiel eines. Die Regimentsfarben waren seit 1711 Rot für St. Petri, Blau für St. Nikolai, Gelb für St. Katharinen, Weiß für St. Jacobi und St. Georg und Grün für St. Michaelis. Um 1800 bestand diese Truppe aus 10.000 Mann.

Zwei Soldaten der Bürgerwache im 18. Jahrhundert (links) und vier Soldaten der hanseatischen Bürgergarde 1813

Die Hanseatische Legion im Biwak auf der Wilhelmsburg 1813, Auarell von Christoffer Suhr

Dienstverpflichtet waren Männer bis 60 Jahren. Apotheker, Lehrer, Organisten, Alsterfischer, Kranke, Gebrechliche und Ausländer wurden gegen Zahlung einer Gebühr von der Wehrpflicht befreit. Auch sonst konnte man sich vom Dienst freikaufen. Durch einen sogenannten „Lohnwächter“ konnte man sich gegen Entgelt sogar im Dienst vertreten lassen.

Parade des Hamburger Bürgermilitairs auf dem Gänsemarkt am 15. Januar 1815, F. H. W. Roemaesler

Hamburger Bürgermilitär auf der Wache um 1818, Aquarell von Georg Emanuel Opitz

Ihren Sinn hatte die Bürgerwache nur als Unterstützung bei plötzlich ausbrechenden Bränden und als Hilfe für die nächtliche Sicherheit auf den Straßen sowie als prächtig uniformierte Paradetruppe. Im Übrigen war sie – von der Bevölkerung verächtlich „Knüppelgarde“ genannt – nahezu ohne militärischen Wert. Häufig führten die Garnisonskommandanten Beschwerde, dass die Bürgerkompagnien nicht zu gebrauchen, weil zumeist besoffen seien. Auch kamen Hamburgs Truppen zwischen 1638 und 1806 nur ein einziges Mal ins Gefecht, als nämlich 1686 die Dänen die Stadt nehmen wollten. Unter großen Verlusten obsiegten die Hamburger an der Sternschanze. 1708 besetzten Hamburgs Soldaten noch einmal die Stadtwälle, um die herannahenden Kreistruppen abzuwehren. Rath und Bürgerwache kapitulierten dann jedoch nahezu kampflos.

1811 löste Marshall Davout die Bürgerwache auf. Wie im Kapitel „Vorgeschichte: Vertreibt die Franzosen!“ zu lesen ist, gründete sich in der kurzen Entsatzungszeit eine Bürgergarde unter Oberst Jonas Ludwig von Heß und trotz geringer Mittel wurde eine Hanseatische Legion aufgestellt worden, die Freiwillige aus Hamburg, Bremen und Lübeck vereinigte. Sie verließ Hamburg mit Tettenborn, bildete unter anderem ein Ulanenkorps und kämpfte ohne nennenswerte Erfolge gegen die Franzosen bei Lübeck, Ratzeburg, Mustin, Mölln, Harburg und Bremen. Am 30. Juni 1814 wurde sie aufgelöst. 175 junge Hamburger hatten in diesem Dienst ihr Leben gelassen. Die Bürgergarde verließ unter David Christoffer Mettlerkamp ebenfalls Hamburg und kämpfte erfolgreich mit den verbündeten Russen bis zur Rückkehr in unsere Stadt. Sie wurde am 24. Juni 1814 auf Mettlerkamps Wunsch aufgelöst.

Fourageure des Hamburgischen Bundeskontingents nach der Napoleonischen Zeit, nach einer Lithographie von H. A. Eck und Chr. Weiss

Hamburger Bürgermilitär mit Blumenmädchen, Steinzeichnung von L. Ens

Nach Abzug der Franzosen entstand als Nachfolge der Bürgerwache das Bürgermilitär, wohlorganisiert und gut einexerziert, bereits 1820 wieder 10.000 Mann (später 12.000 Mann) stark, mit patriotischem Sinn, aber militärisch wiederum nutzlos. Ihre Waffenübungen allerdings gerieten zu Freudenfesten für die ganze Stadt. Das Bürgermilitär bestand auch acht bis zehn Bataillonen Infanterie, von denen jeweils eines die Vorstädte St. Georg und St. Pauli zu stellen hatten, einem Bataillon Artillerie mit zwölf Kanonen und einer Eskadron Kavallerie.

Großes Wettrennen auf dem Bürger-Militär-Exercierplatz in Altona am 30. August 1835, Elias Martin Christian Kobe

Parade der Hanseatischen Legion auf dem Domplatz, Lithographie von P. Suhr

Parade des Bürgermilitärs im Jahre 1840, Gemälde von B. Waßner

Die Wacht-Parade des Bürgermilitärs auf dem Gänsemarkt in Hamburg 1841, Aquarell von A. Lehmann

Die Wehrpflicht bestand vom 25. bis zum 45. Lebensjahr, Waffen und Uniform mussten selbst angeschafft werden. Aristokraten wählten vorzugsweise die Artillerie, Wohlhabende die Kavallerie ohne Wachtdienst, das Jägerbataillon bestand – so wird berichtet – fast nur aus Schneidern und Friseuren. Jedes Bataillon hatte ein Musikkorps aus 40 bis 50 Mann vom Fach, die bei den aufwändigen Exerzierübungen die Zuschauer umso mehr begeisterten. Aufwändig war allerdings eher der Rahmen, als das kurze Exerzieren selbst.

Große Revue des Bürgermilitärs 1840

Rückkehr von der Revue, nach einer Lithographie aus dem Verlag von J. A. Michaelis

Die Hanseatische Kavallerie No. 17, J. H. Krogmann

Soldatenwohnungen am Spitalerthor gegenüber dem Schweinemarkt (die kleinen Häuser rechts im Bild)

Erwähnt werden soll noch, dass der Mitbegründer und erste Präses des St. Pauli Bürgervereins Matthias Mahlandt neben seinem Kaufmannsberuf im Bürgermilitär Karriere machte. 1838 war er Kapitän des 8. Bataillons, 1839 bis 1844 und 1849/50 Major dieser Einheit.

Die Wachtparade auf dem Pferdemarkt nach der Reorganisation des Bürgermilitärs, nach einem Stahlstich gezeichnet von J. Sander

Spottbild auf das Bürgermilitär, Steinzeichnung von H. Bollmann 1848

Im Zusammenhang mit der Verfassungsänderung und den Wahlen von 1859 spielte das Bürgermilitär eine wichtige Rolle von eigenen Gnaden. Die Idee der Tonhallenversammlung, die Truppen könnten in den Kompanien und Bataillonen ihre Offiziere selbst wählen, führte zur Lockerei der Disziplin und sogar zur Gründung eines „Bürgerwehr-Vereines“. Gardisten begleiteten aus eigenem Dafürhalten die Versammlungen in der Turnhalle, präsentierten das Gewehr vor den Mitgliedern und Anderes mehr. Zum Glück obsiegte hier jedoch der ruhige Bürgersinn der Hamburger und beendete den Unfug.

Soldaten des hamburgischen Bundeskontingents 1866

Eine Kompagnie des 3. Bataillons auf dem Alarmplatz Rathausmarkt Juni 1866

Am 30. Juni 1868 verzichtete Hamburg endlich auf eigenes Militär und unterstellte seine Truppen der Preußischen Armee. Dort bildeten sie das neugegründete Infanterie-Regiment Nr. 76.

Erinnerungsbild des Bürgermilitärs bei der Auflösung im Juli 1868

 

Autor: Michael Weidmann

Das Nachtwächterkorps

Neben der Garnison und dem Bürgermilitär (siehe die Darstellung „Hamburgs Soldaten“) verfügte Hamburg aus alter Zeit über ein ehrwürdiges Nachtwächterkorps. Wie die Spritzenleute betrieben auch die Nachtwächter nebenbei ihre verschiedenen Gewerbe. Als Nachtwächter unterstanden sie der Autorität des Polizeiherrn. Sie waren militärisch organisiert mit Ober- und Unteroffizieren. Bewaffnet waren sie mit Gewehr und Degen. Hinzu kam nachts eine lange Lanze, die altbekannte Nachtwächterschnurre, eine Pfeife zum Signalisieren und ein Horn. Die zentrale Wache der Nachtwächter war auf dem Pferdemarkt.

Die Hauptwache des Nachtwächterkorps auf dem Pferdemarkt um 1800

Zwischen 9 Uhr abends und 6 Uhr morgens im Winter und zwischen 10 Uhr abends und 4 Uhr morgens im Sommer patrouillierte jeder Nachtwächter halbstündig sein Revier, betätigte die Schnurre und rief die Zeit aus. Mit dem Horn meldete er gegebenenfalls ausbrechendes Feuer. Auch registrierten die Nachtwächter Leute, die die Polizeistunde übertraten, die Nachtruhe störten oder sonst gegen die öffentliche Ordnung verstießen. Genauso „Weibspersonen, die sich nach 11 Uhr ohne männliche Begleitung sehen ließen“. Wer sich nicht ausweisen konnte, wurde ohne Ansicht seines Standes inhaftiert. Die „Inculpaten“ hatten dann am nächsten Tag zumeist 5 Mark 14 Strafe zu zahlen. „Fief Mark Vertein“ wurde so die sprichwörtliche Bezeichnung für Rechtsbrüche.

Fief Mark Vertein, Verhaftungen wegen Ordnungswidrigkeiten, Chr. Förster

Man sagte den Nachtwächtern mancherlei Disziplinlosigkeiten nach. Unpünktlichkeit, Alkohol und manches Schläfchen während des Dienstes waren an der Tagesordnung. Gassenjungen machten sich einen Spaß diesen „Polizisten“ dann ihre Ausrüstung zu stibitzen und sie peinlicherweise irgendwo aufzuhängen oder gar in einer Schmiede mehrere Lanzenköpfe miteinander zu verschmelzen. Auch in den Versammlungen der Bürgervereine waren die Zustände im Nachtwächterkorps ein häufiges Thema. Dies umso mehr, nachdem für die Hamburger eine Nachtwachensteuer erhoben wurde.

Ein Nachtwächter in seiner Dienstkleidung 1847, Lithographie von Heinrich Jessen

Der Nachtwächter Schuhmacher Blosfeld im Dorf Fuhlsbüttel

Nachtwächter verdienten sich regelmäßig manch hohes Trinkgeld, indem sie verbotenerweise angetrunkene Nachtschwärmer nach Hause brachten oder Fremde zu einem (weit entfernten) Hotel. Gern erzählt wird eine Anekdote, nach der Senator Abendroth als Polizeiherr einen Nachtwächter überführte: Getarnt als Fremder hatte er sich von einem Nachtwächter zum Hotel führen lassen und dafür wie üblich ein hohes Entgelt entrichtet. Zum Rapport ins Rathaus einbestellt beteuerte der Missetäter, er habe doch nur „dem besoffenen Schwein helfen wollen“.

 

Autor: Michael Weidmann

Vorsitzender Pastor OTTO SCHOOST

Otto Wilhelm Theodor Schoost, geboren am 22. Juli 1839 in Hamburg, gestorben am 14. März 1907, wurde am 9. Mai 1869 ordiniert. Er war dann Pastor zu St. Johannis in Neuengamme und seit 1871 Diakonus zu St. Katharinen in Hamburg. Aus seiner Feder stammen die Bücher „Vierlanden – Beschreibung des Landes und seiner Sitten“ (1894) und „Das Kugel-Denkmal – Seine Bedeutung, Entstehung und Vollendung nebst den auf den Feiern der Grundsteinlegung und Enthüllung bezüglichen Documenten“ (1878).

Pastor Otto Schoost wurde am 7. Juni 1886 bei der konstituierenden Sitzung des Zentralausschusses Hamburgischer Bürgervereine mit den Herren Felten und Dr. Erdmann provisorischer Vorstand und dann am 5. Juli 1886 bei der endgültigen Vorstandswahl Erster Vorsitzender des Verbandes. Seine Amtszeit dauerte vier Jahre bis 1890.

In der Amtszeit von Pastor Otto Schoost beschloss der Zentralausschuss eine dringende Eingabe an den Senat wegen des schlechten Trinkwassers. Der Verband betrieb erfolgreich die Errichtung weiterer Standesämter, vor allem in den Vororten (eingerichtet wurden daraufhin weitere elf zu den bereits bestehenden zwölf). Selbstständig gründete der Zentralausschuss ein Asyl für Obdachlose und Sanitätswachen. Er erreichte die Kostenfreiheit des Bürgerrechts und kämpfte gegen Übelstände im Straßenbahnbetrieb.

Pastor Schoost persönlich wurde bekannt als emsiger Förderer von Knaben- und Mädchenhorten in Hamburg. Er stand für soziales Engagement und aktive Mithilfe bei der Versorgung von besonders bedürftigen Hamburgern.

 

Autor: Michael Weidmann


Haben Sie weitere Erinnerungen an Pastor Otto Schoost oder Dokumente seines Wirkens? Dann freuen wir uns, wenn Sie sich mit uns in Verbindung setzen und uns diese zur Verfügung stellen mögen.

Vorsitzender GUSTAV REINHOLD RICHTER

Gustav Reinhold Richter, geboren am 10. Oktober 1817 in der Oberlausitz, gestorben am 22. September 1903 in Hamburg, war Sohn eines Predigers, musste aber wegen der großen Zahl von Geschwistern ein Handwerk erlernen. So wurde er Tischler, durchwanderte als Geselle fast ganz Deutschland und ließ sich 1848 als Tischlermeister in Hamburg nieder. Hier förderte er nicht zuletzt 1865 bis 1868 als Mitglied der Verwaltung der Allgemeinen Gewerbeschule und der Schule für Handwerker, 1872 bis 1880 als Schulpfleger sowie 1881 bis 1901 als Mitglied der Schulbehörde den Nachwuchs seines Berufsstandes.

1860 bis 1866 und erneut 1877 bis 1880 war Gustav Reinhold Richter Vorsitzender des Bildungsvereins für Arbeiter. Zudem war er Mitbegründer und erster Vorsitzender der Neuen Gesellschaft zur Verteilung von Lebensbedürfnissen von 1856. Viele weitere Ehrenämter prägten sein engagiertes Leben: So war er 1863 bis 1867 Steuerschätzungsbürger, 1870 bis 1875 Mitglied der Wahlkommission für die Geschworenen, 1877 bis 1881 Mitglied der Wahlkommission für die allgemeinen Wahlen bzw. der Zentralwahlkommission, 1883 bis 1900 Mitglied der Friedhofsdeputation und 1888 und 1889 Mitglied der Behörde für Zwangserziehung.

Gustav Reinhold Richter gehörte seit 1848 (dem Jahr seiner Ankunft in Hamburg) als Ersatzmann der Konstituierenden Versammlung an und wurde 1949 in diese einberufen. Er wurde 1859 Mitglied der neugewählten Hamburgischen Bürgerschaft und blieb bis 1901 in diesem Amt, auch als Mitglied des Bürgerausschusses und in neun Jahren als zweiter Vizepräsident. 1895 und 1898 hatte Gustav Reinhold Richter als Alterspräsident der Bürgerschaft die Sitzungen nach den Neuwahlen zu eröffnen. 1867 bis 1870 vertrat er Hamburg im Reichstag des Norddeutschen Bundes und im Zollparlament. 1882 bis 1884 setzte er die Reichstagsarbeit für den schleswig-holsteinischen Wahlkreis Tondern, Husum, Eiderstedt, Friedrichstadt fort. Gustav Reinhold Richter war Mitglied der Fortschrittspartei (gegründet 1861).

Am 5. Juli 1886 wählte die Versammlung des Zentralausschusses Hamburgischer Bürgervereine bei ihrer ersten Vorstandswahl Gustav Reinhold Richter zum Stellvertretenden Vorsitzenden. 1890 löste er dann Pastor Otto Schoost im Amt der Ersten Vorsitzenden ab. Seine Amtszeit dauerte fünf Jahre bis 1895. Anschließend ernannte ihn der Zentralausschuss zu seinem Ehrenmitglied.

In die Amtszeit von Gustav Reinhold Richter fällt die Zeit der Cholera in Hamburg, die in dieser Dokumentation noch ausführlich beschrieben wird.

Die Quellen beschreiben Gustav Reinhold Richter als unermüdlichen Freiheitskämpfer und scharfen Parteimann, der bei lauterer Gesinnung seine politische Überzeugung in energischer Weise vertrat. Durch seine persönliche Liebenswürdigkeit war jedoch er auch bei seinen politischen Gegnern hochgeachtet und beliebt. Mit der Abgeklärtheit seines zuletzt hohen Alters konnte er, trotz schwacher Stimme, jede Versammlung – im Parlament wie im Verband – ausgezeichnet leiten.

Lässt man diese Vorstellung auf sich wirken, so ist aus der Übersicht über die Verbandsgeschichte festzustellen: 100 Jahre später wird mit Jürgen W. Scheutzow eine ähnliche Persönlichkeit die Geschicke der Bürgervereine bestimmen.

Autor: Michael Weidmann


Haben Sie weitere Erinnerungen an Gustav Reinhold Richter oder Dokumente seines Wirkens? Dann freuen wir uns, wenn Sie sich mit uns in Verbindung setzen und uns diese zur Verfügung stellen mögen.

Hamburg Mitte des 19. Jahrhunderts

Eine umfassende Beschreibung der Stadt und des Lebens im Hamburg Mitte des 19. Jahrhunderts ist in dieser Diskussion bisher nicht vorgesehen. Wir konzentrieren uns auf diejenigen Aspekte, die die Entstehung und das Wirken der Bürgervereine betreffen.

Trotzdem macht es Sinn sich einen Eindruck vom Hamburg damals zu verschaffen. Deshalb haben wir diese Karte der damals noch umschlossenen und befestigten Stadt ausgesucht. Sie ist mit einigen Abbildungen der Stadttore, Wälle, Brücken und Bastionen illustriert. Der Verteidigungsring entstand zwischen 1616 und 1626, er war also über 200 Jahre alt. In dieser Zeit hatte sich die Einwohnerschaft Hamburgs verdreifacht, nun lebten über 120.000 Menschen innerhalb des Walles.

Schöpfer des Verteidigungsringes war Johann van Valckenburgh, ein Hauptmann der Artillerie und Spezialist für den Festungsbau. Er schlug einen Kreis von 1200 Metern Radius um die Nikolaikirche und bebaute diesen mit sechs bis neun Meter hohen Wällen, davor ein breiter Wassergraben. Im Abstand von jeweils 300 Metern entstand eine Bastion, insgesamt 21 an der Zahl. Diese wurden nach den amtierenden Ratsherren mit Männervornamen benannt. 167 Kanonen standen auf den Bastionen, weitere 128 in den Zeughäusern zur Verstärkung.

Im Dreißigjährigen Krieg reichte dies für den Schutz unserer Stadt aus. Wallenstein und Tilly machten keine Anstalten unsere Stadt zu erobern. Vielmehr fanden hier 1636 und 1641 ihre Vorverhandlungen für den späteren Friedensschluss (1648 in Osnabrück und Münster) statt.

Bürgervereine gründeten sich zunächst in den Vorstädten, Städtchen, Dörfern und Gebieten vor Hamburgs Toren. Die Torsperren zu überwinden, die Tore zu öffnen und gleichberechtigt mit „denen dort drinnen“ behandelt zu werden, war eines ihrer ersten Anliegen.

Karte von Hamburg, London von der Society for the Diffusion of Useful Knowledge, 59 Lincolns Inn Fields. Durch Klick auf die Karte eröffnen sich weitere Informationen

Autor: Michael Weidmann

Das Hamburger Gebiet und die Umgebung Hamburgs Mitte des 19. Jahrhunderts

Bei der Lektüre unserer „Geschichte der Bürgervereine“ liest man von vielen Ortschaften, die heute als Stadtteile wie selbstverständlich zu Hamburg gehören, in der Zeit vor 170 Jahren jedoch außerhalb der befestigten Stadt lagen. Um den interessierten Lesern das Verständnis zu erleichtern, haben wir hier übersichtsartig die Gliederung des Hamburger Gebiets und der Umgebung Hamburgs zusammen gestellt. Dabei haben wir uns bemüht alle diejenigen Ortschaften zu erfassen, die heute zur Freien und Hansestadt Hamburg gehören. So also wurden sie Mitte des 19. Jahrhunderts verwaltet.

Das Hamburger Gebiet

Das sogenannte Hamburger Gebiet wurde in drei Abteilungen verwaltet, die Landherrenschaft der Geestlande, die Landherrschaft der Marschlande und dem Amt Ritzebüttel.

A Die Landherrschaft der Geestlande
bestehend aus drei Kirchspielen mit zusammen 16 Vogteien und den Walddörfern mit sechs Vogteien

a) Kirchspiel Eppendorf mit elf Vogteien
Vogtei Langenhorn, Vogtei Fuhlsbüttel mit Alsterberg, Vogtei Klein-Borstel mit Strukholt, Vogtei Ohlsdorf und das Ihland, Vogtei Groß-Borstel mit dem Alsterkrug, Vogtei Alsterdorf, Vogtei Winterhude, Vogtei Eppendorf, Vogtei Eimsbüttel, Vogtei Harvstehude mit dem Schlump, Grindel, Pöseldorf und der Gegend vor dem Dammtor, Vogtei Rotherbaum

b) Kirchspiel St. Georg mit drei Vogteien
Vogtei Barmbeck, Vogtei Eilbeck, Vogtei Burgfelde mit Hohenfelde, Uhlenhorst und Hammerdeich

c) Kirchspiel Hamm mit zwei Vogteien
Vogtei Hamm, Vogtei Horn

d) Die Walddörfer mit sechs Vogteien
Vogtei Groß-Hansdorf mit Beimoor, Vogtei Schmalenbeck, Vogtei Wohldorf, Vogtei Ohlstedt, Vogtei Volksdorf, Vogtei Farmsen mit Berne

B Die Landherrschaft der Marschlande
bestehend aus elf Vogteien

Vogtei Billwärder
Billwärder mit Heckkathen und Nettelburg, Allermöhe, Moorfleth mit der Billwärder-Insel

Vogtei Billwärder-Ausschlag
Entenwärder und Billwärder-Steindamm

Vogtei Reitbrook
Elfkathen, Reit und die Hoh

Vogtei Ochsenwärder

Vogtei Moorwärder

Vogtei Spadenland

Vogtei Tatenberg

Vogtei der Elbinseln
Kaltenhofe, Peute, Kleine Veddel, Große Veddel, Müggenburg, Niedernfeld, Klütjenfeld, Kleiner Grasbrook mit Baakenwärder, Großer Grasbrook, Steinwärder, Grevenhof, Gänseweide mit Maadenort, Roß mit Göschenwärder und Ellerholz, Waltershof, Mühlenwärder, Große und Kleine Dradenau

Vogtei Finkenwerder

Vogtei Moorburg
Kleine Kattwiek, Ellerholz, Moorburger Weide

Vogtei Krauel

C Das Amt Ritzebüttel
bestehend aus zwei Schultheißenschaften

1. Schultheißenschaft Ritzebüttel und Groden
Ritzebüttel, Groden, Neuenfeld, Abschnede, Süderwisch, Cuxhaven

Erinnerungsblatt an die Feier in Ritzebüttel mit Szenen aus dem historischen Festspiel, Lithographie von Dora Maetzel

2. Schultheißenschaft Döse und Altenwalde
a) Kirchspiel Döse
Döse, Duhnen, Stickenbüttel, Sahlenburg, Brockeswalde
b) Kirchspiel Altenwalde
Westerwisch, Spangen, Holte, Altenwalde, Gudendorf, Orte, Berensch, Ahrensch
c) Neuwerk

Das Herzogthum Holstein

Aufgelistet werden hier nur die zur Hamburger Umgebung gezählten Gebiete.

1. Die Grafschaft Rantzau

Kirchspielvogtei Barmstedt

Kirchspielvogtei Elmshorn mit Seth
Eckholt und Becklohe, Dannesch und Barkhörn, Ellerhoop und Thiensen, Ranzel und Missen

2. Die Herrschaft Pinneberg

Klostervogtei Uetersen
Uetersen, Heist, Köhnholz

Amtsvogtei Uetersen
Kirchspiel Elmshorn mit Hainholz, Auf der Lieth und Klein-Nordende
Kirchspiel Uetersen mit Groß-Nordende und Heidgraben

Moorreger Distrikt mit Moorrege, Heidrege und Ober-Glinde
Kirchspiel Rellingen
Ahrenlohe, Esingen, Tornesch, Kummerfeld, Prisdorf, Pein, Unter-Glinde, Appen, Eetz, Schäferhof, Nienhöfen, Brande, Datum, Halstenbeck, Krupunder, Eggerstedt, Theesdorf, Rellingen, Egenbüttel, Ellerbeck, Bönningstedt, Winzeldorf, Pinneberg, Pinnebergerdorf, Borstel, Hohenraden, Tangstedt
Kirchspiel Quickborn
Quickborn, Renzel, Harksheide, Haslohfurth, Frederiksgabe, Ochsenzoll, Garstedt, Hasloh
Kirchspiel Niendorf
Burgwedel, Schnelsen, Niendorf, Lokstedt, Hummelsbüttel
Kirchspiel Bergstedt
Poppenbüttel

Kirchspielvogtei oder Verwaltung Hatzburg
Kirchspiel Wedel
Holm, Wedel, Wedeler Sand, Fährmanns Sand, Spitzerdorf, Schulau

Kirchspiel Nienstedten
Rissen, Tinsdahl, Wittenbergen, Sülldorf, Schenefeld, Lurup, Osdorf, Dockenhuden, Blankenese, Mühlenberg, Nienstedten, Flottbeck, Klein-Flottbeck, Groß-Flottbeck

Vogtei Ottensen
Kirchspiel Niendorf (unter dem Kirchspielvogt von Hatzburg)
Eidelstedt, Stelling
Kirchspiel Ottensen (unter dem Kirchspielvogt von Hatzburg)
Bahrenfeld, Othmarschen, Oevelgönne
Kirchspiel Ottensen (unter dem Altonaer Magistrat)
Neumühlen, Ottensen, Altona

3. Das Kanzleigut Tangstedt
Tangstedter Mühle, Tangstedt, Wilstedt, Harkshaide (teilw.) Tangstedter Haide, Duvenstedt, Lehmsal, Mellingstedt

4. Das Adelige Gut Wulksfelde
Rade, Gurbeck, Wiemerskamp, Ehlersberg

5. Das Adelige Gut Jersbeck

6. Das Adelige Gut Hoisbüttel
Hoisbüttel, Rothwegen

7. Das Adelige Gut Ahrensburg
Timmerhorn, Bünningstedt, Fannyhof, Wulfsdorf, Stellmoor, Eulenkrug, Hagen, Ahrensfelde, Meilsdorf, Woldenhorn, Bagatelle, Schelenhorst, Dänenteich, Beimoor

8. Das Amt Tremsbüttel
Kirchspiel Bargteheide
Tremsbüttel, Borburg, Bargteheide, Klein-Hansdorf, Delingsdorf, Hammoor
Kirchspiel Rahlstedt
Neu-Rahlstedt

9. Das Amt Trittau
Kirchspiel Bergstedt
Bergstedt, Rodenbeck, Sasel, Bramfeld, Steilshoop
Kirchspiel Rahlstedt
Meiendorf, Oldenfelde, Höltigbaum, Alt-Rahlstedt
Kirchspiel Eichede
Todendorf, Sprenge
Kirchspiel Siek
Oetjendorf, Hoisdorf, Papendorf, Cronshorst, Rausdorf
Kirchspiel Trittau
Lütjensee, Großensee, Trittau, Grande, Witzhave

10. Kanzleigut Wellingsbüttel

11. Das Adelige Gut Wandsbeck
Wandsbeck, Hopfenkarre, Hinschenfelde, Tonndorf, Lohe, Pulverhof, Mühlenbeck

12. Das Amt Reinbeck
Kirchspiel Siek
Siek, Langelohe
Kirchspiel Rahlstedt
Braak, Stellau, Stapelfeld, Jenfeld
Kirchspiel Steinbeck
Ojendorf, Schiffbeck, Ober-Schleems, Nieder-Schleems, Kirch-Steinbeck, Ost-Steinbeck, Barsbüttel, Stemwarde, Willinghusen, Glinde, Havighorst, Boberg, Sande, Lohbrügge, Ladenbeck, Reinbeck, Schönningstedt, Ohe, Mühlenbeck

12. Das Kanzleigut Silk

Das Herzogthum Lauenburg

Kirchspiel Kuddewörde
Kuddewörde, Grande, Rothenbeck
Kirchspiel Brunstorf
Friedrichsruhe, Aumühle, Kupferkathe, Billenkamp, Kröppelshagen, Dassendorf
Kirchspiel Hohenhorn
Wohltorf, Wentorf, Börnsen, Rothenhaus, Escheburg, Besenhorst, Fahrendorf, Hohenhorn, Krümmel

Das Königreich Hannover

Das Königreich Hannover bestand aus sechs Landdrosteien und einer Berghauptmannschaft. Aufgelistet werden hier nur die zur Hamburger Umgebung gezählten Gebiete.

A Die Landdrostei Lüneburg
Amt Artlenburg
Tespe, Obermarschacht
Amt Winsen an der Luhe
Kirchspiel Niedermarschacht
Niedermarschacht, Rönne, Schwinde, Stove
Kirchspiel Drennhausen
Elbstorf, Drennhausen, Drage
Kirchspiel Winsen
Lassrönne, Stöckte, Haue, Hoopte, Fliegenberg, Rosenweide, Wuhlenburg, Fachenfelde, Maschen

Amt Harburg
Vogtei Neuland-Over
Junkernfeld, Hörsten, Over, Hagolt, Bullenhausen, Fünfhausen, Neuland, Groß-Moor, Klein-Moor
Vogtei Kirchwärder
Vogtei Hittfeld
Wilsdorf, Rönneburg, Canzlershof, Meckelfeld, Glüsingen, Höpen, Jehrden, Caroxbostel, Hittfeld, Eddelsen, Emmelndorf, Fleestedt, Loh, Sinsdorf, Langenbeck, Marmstorf, Beckendorf, Weide, Wordorf, Wittemberg, Metzendorf, Iddensee, Hinteln, Tötensen, Westerhof, Leversen, Sieversen, Gottorf, Lürade, Appenbüttel, Barendorf, Alvesen, Ehestorf, Eisendorf, Harburg, Heimfeld, Hausbruch, Alt-Wiedenthal, Neu-Wiedenthal
Vogtei Lauenbruch
Lauenbruch, Hoheschaar, Große Kattwiek, Lütje Land, Lange Morgen
Vogtei Alten- und Finkenwärder
Altenwärder, Krusenbusch, Horn und Blumensand, Kreet und Blumensand, Finkenwärder

Amt Wilhelmsburg
Wilhelmsburg, Stillhorn, Einlage, Finkenrieck, Kirchhof, Kornweide, Grünerdeich, Kückenkathe, Schluisgrove, Kukukshärn, Neuefeld, Schönefeld, Jenerseite, Gätjensort, Sperlsdeich, Georgswärder, Hohe, Busch, Rothenhaus, Reiherstieg, Neuhof

B Die Landdrostei Stade

Das Alte Land
a) Die Dritte Meile
Francop, Brackenburg, Neuenfelde, Bei der Mühle, Rosengarten, Bei der Schleuse, Vierzig Stücken, Niencop, Liedenkummer, Marschdammer-Deich, Cranz, Kleine-Hove, Große-Hove, Esteburg, Ost-Moorende, Finkenreich, Rübke, Auf der Pfeife, Das Heisternest, Neuengraben, Fischbeck, Scheideholz
b) Die zweite Meile
Cranz, Stöltenhorn, Hinterbrack, Leeswig, Wellenstraße, Königreich, Estebrügge, West-Moorende, Dugelfang, Ladecop, Jork, Borstel, Kohlenhusen, Somflether Wisch, Hahnofer-Sand, Hanskalb-Sand

Das Land Hadeln
Kirchspiel Altenbruch
Kirchspiel Lüdingworth
Kirchspiel Nordleda

Das Land Wursten
Altenwalde, Nordholz, Schönert, Pompdamm, Halbemond

Beiderstädtisches Gebiet (verwaltet von Hamburg und Lübeck)

Die Stadt Bergedorf

Die Vierlande
Kurslak, Altengamm, Neuengamm, Ohe, Krauel, Kirchwärder, Zollenspieker

Geesthacht

 

Autor: Michael Weidmann

Bevölkerungsentwicklung

Vor 1866 gibt es über die Bevölkerung Hamburgs keine verlässlichen Zahlen, sondern nur Berechnungen auf der Grundlage der Geburten und Sterbezahlen, die verzeichnet wurden. So kommt man für das Jahr 1765 auf etwa 98.000 Einwohner, für das Jahr 1789 auf 112.000 Einwohner (einschließlich des Landgebiets und Ritzebüttels). Der Aufschwung des Handels brachte eine erhebliche Zuwanderung mit sich, so dass 1808 die Einwohnerzahl ca. 146.000 betrug. Die anschließenden Zeiten des Krieges und der gemeinen Not einschließlich der Vertreibung führten bis 1815 zu einem Bevölkerungsrückgang auf etwa 120.000.

Die Franzosen (siehe das Kapitel „Vorgeschichte: Vertreibt die Franzosen!“) ließen zurzeit der Besetzung in Hamburg statistische Erhebungen anstellen, als Basis für die Aushebung wehrfähiger Männer für das französische Heer, für die Versorgung der Bevölkerung, die Schaffung von Truppenquartieren und schließlich die Besteuerung der Hamburger. Nach Abzug der Franzosen hielt man es für ratsam, keine Erhebungen durchzuführen, um gegenüber möglichen Feinden weitaus volkreicher zu wirken, als es tatsächlich der Fall war. Ein mündliches Befragen durch Feldwebel und Kapitäne ließ die Dienstpflichtigen für das Bürgermilitär ermitteln. Genauso wurden Auskünfte über Hauseigentümer, Mieter und Mietzahlungen eingeholt, nach Ermittlung der zu zahlenden Grundsteuer allerdings jeweils die Belege vernichtet. Nur in den Landgebieten führten die Vögte in regelmäßigen Abständen Bevölkerungszählungen durch.

Kämmereiinspektion in den Landgemeinden, Wohldorf 1858

Hieraus ergab sich für das Jahr 1838 eine Bevölkerungszahl von 166.000 einschließlich der Landgemeinden, für das Jahr 1851 eine Bevölkerungszahl von 155.800 einschließlich der beiden Vorstädte und von 199.007 einschließlich der Landgemeinden. Die Bevölkerungszahl von Bergedorf (siehe dazu das 7. Kapitel unserer „Geschichte der Bürgervereine“) ermittelte Lübeck, sie wurde jeweils zur Hälfte in der Gesamtzahl für Hamburg und für Lübeck berücksichtigt.

Am 1. November 1866 nahm das „Bureau für Steuerstatistik bei der Deputation für direkte Steuern“ seine Arbeit auf und führte am 3. Dezember 1866 die erste Volkszählung durch. Das Bureau bestand zunächst aus zehn Beamten unter dem Goldschmied Johann Christoph Friedrich Neßmann, der auch Mitglied der Konstituante und der Steuer-Deputation war. Die Deputation unter Senator Gustav Godeffroy hatte acht Mitglieder.

Ratsherren im Jahre 1860, aus einem Gemälde von Chr. E. Magnussen, fünfter von links ist Senator Gustav Godeffroy

Für die erste echte Volkszählung in Hamburg brachten Zähler den Einwohnern Zettel ins Haus und holten sie wieder ab. Die Eintragungen erlaubten einen Überblick über den Personenstand, Grundbesitz, Mieten und Abvermietungen im gesamten hamburgischen Gebiet (siehe unser Kapitel „Das Hamburger Gebiet und die Umgebung Hamburgs Mitte des 19. Jahrhunderts“). Man unterschied die ortsanwesende (auch Gäste und Fremde) von der rechtlichen Bevölkerung. Die Volkszählung vom 3. Dezember 1866 ergab eine Gesamt-Einwohnerzahl von 213.793, ohne die Mannschaften der im Hafen liegenden Schiffe.

Die Arbeit des Bureaus für Steuerstatistik und die Volkszählung bildeten 1866 nicht zuletzt die Grundlage für die Einrichtung einer Zentralwahlkommission, die von da an die Wahlen zur Hamburgischen Bürgerschaft durchführte.


Autor: Michael Weidmann

Schreibweise von Gebietsbezeichnungen und Straßennamen

In der deutschen Rechtschreibung wird heute ein „ck“ als Verkürzung des vorstehenden Vokals verwendet. Bei norddeutschen (niederdeutschen) Orts- und Familiennamen war das früher anders. Allerdings sind diese Schreibweisen überwiegend verschwunden. In verbleibenden Fällen wie „Lübeck“ und „Mecklenburg“, „Bleckede“, „Fredenbeck“ und „Schnackenburg“ wird heutzutage immer häufiger das Dehnungs-c nicht mehr erkannt und diese Wörter – etymologisch falsch – kurz ausgesprochen.

Es war im Interesse der Gebiets-Verwaltungen, die ursprüngliche Aussprache zu erhalten. Je stärker die Menschen umherzogen, reisten und insgesamt mobiler wurden, desto wichtiger wurde dies. Weil allerdings ein Dehnungs-c Fremden kaum erklärlich erschien, mussten die Schreibweisen von Gebietsbezeichnungen und Straßennamen geändert werden. So änderte man bereits 1877 in der preußischen Provinz Schleswig-Holstein „Wandsbeck“ in „Wandsbek“.

Im selbstbewussten Hamburg ließ man sich damit weitaus länger Zeit. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg und als verbindliche Schreibweise in den neuen Stadtplänen im Zuge des Wiederaufbaus machte das Organisationsamt des Senats am 7. Januar 1947 (Beschluss des Senats vom 27. September 1946, Veröffentlichung am 15. Januar 1947) bekannt, dass

für alle Gebietsbezeichnungen, die als Bestandteile die Wörter „Fleth“ bzw. „Flet“, „beck“ oder „wärder“ enthalten, die Schreibweise dieser Wörter in „Fleet“, „bek“ und „werder“ geändert wurden. Das gleiche gilt für die aus solchen Gebietsbezeichnungen hergeleiteten Straßennamen.

In unserer „Geschichte der Bürgervereine“ verwenden wir die Schreibweise der jeweiligen Zeit, um den historischen Bezug zu betonen.

Unberührt von der Änderungen waren naturgemäß die Familiennamen, hier blieb vor allem das „ck“ nach langem Vokal erhalten. „Dickmann“, „Buddenbrock“ und viele andere könnten also auch heute noch und richtigerweise mit langem Vokal gesprochen werden.


Autor: Michael Weidmann