Bevölkerungsentwicklung

Vor 1866 gibt es über die Bevölkerung Hamburgs keine verlässlichen Zahlen, sondern nur Berechnungen auf der Grundlage der Geburten und Sterbezahlen, die verzeichnet wurden. So kommt man für das Jahr 1765 auf etwa 98.000 Einwohner, für das Jahr 1789 auf 112.000 Einwohner (einschließlich des Landgebiets und Ritzebüttels). Der Aufschwung des Handels brachte eine erhebliche Zuwanderung mit sich, so dass 1808 die Einwohnerzahl ca. 146.000 betrug. Die anschließenden Zeiten des Krieges und der gemeinen Not einschließlich der Vertreibung führten bis 1815 zu einem Bevölkerungsrückgang auf etwa 120.000.

Die Franzosen (siehe das Kapitel „Vorgeschichte: Vertreibt die Franzosen!“) ließen zurzeit der Besetzung in Hamburg statistische Erhebungen anstellen, als Basis für die Aushebung wehrfähiger Männer für das französische Heer, für die Versorgung der Bevölkerung, die Schaffung von Truppenquartieren und schließlich die Besteuerung der Hamburger. Nach Abzug der Franzosen hielt man es für ratsam, keine Erhebungen durchzuführen, um gegenüber möglichen Feinden weitaus volkreicher zu wirken, als es tatsächlich der Fall war. Ein mündliches Befragen durch Feldwebel und Kapitäne ließ die Dienstpflichtigen für das Bürgermilitär ermitteln. Genauso wurden Auskünfte über Hauseigentümer, Mieter und Mietzahlungen eingeholt, nach Ermittlung der zu zahlenden Grundsteuer allerdings jeweils die Belege vernichtet. Nur in den Landgebieten führten die Vögte in regelmäßigen Abständen Bevölkerungszählungen durch.

Kämmereiinspektion in den Landgemeinden, Wohldorf 1858

Hieraus ergab sich für das Jahr 1838 eine Bevölkerungszahl von 166.000 einschließlich der Landgemeinden, für das Jahr 1851 eine Bevölkerungszahl von 155.800 einschließlich der beiden Vorstädte und von 199.007 einschließlich der Landgemeinden. Die Bevölkerungszahl von Bergedorf (siehe dazu das 7. Kapitel unserer „Geschichte der Bürgervereine“) ermittelte Lübeck, sie wurde jeweils zur Hälfte in der Gesamtzahl für Hamburg und für Lübeck berücksichtigt.

Am 1. November 1866 nahm das „Bureau für Steuerstatistik bei der Deputation für direkte Steuern“ seine Arbeit auf und führte am 3. Dezember 1866 die erste Volkszählung durch. Das Bureau bestand zunächst aus zehn Beamten unter dem Goldschmied Johann Christoph Friedrich Neßmann, der auch Mitglied der Konstituante und der Steuer-Deputation war. Die Deputation unter Senator Gustav Godeffroy hatte acht Mitglieder.

Ratsherren im Jahre 1860, aus einem Gemälde von Chr. E. Magnussen, fünfter von links ist Senator Gustav Godeffroy

Für die erste echte Volkszählung in Hamburg brachten Zähler den Einwohnern Zettel ins Haus und holten sie wieder ab. Die Eintragungen erlaubten einen Überblick über den Personenstand, Grundbesitz, Mieten und Abvermietungen im gesamten hamburgischen Gebiet (siehe unser Kapitel „Das Hamburger Gebiet und die Umgebung Hamburgs Mitte des 19. Jahrhunderts“). Man unterschied die ortsanwesende (auch Gäste und Fremde) von der rechtlichen Bevölkerung. Die Volkszählung vom 3. Dezember 1866 ergab eine Gesamt-Einwohnerzahl von 213.793, ohne die Mannschaften der im Hafen liegenden Schiffe.

Die Arbeit des Bureaus für Steuerstatistik und die Volkszählung bildeten 1866 nicht zuletzt die Grundlage für die Einrichtung einer Zentralwahlkommission, die von da an die Wahlen zur Hamburgischen Bürgerschaft durchführte.


Autor: Michael Weidmann