Kategorie: Hamburgs Helden

Oberst Dr. Jonas Ludwig von Heß

Im Kapitel „Vorgeschichte: Vertreibt die Franzosen!“ ist zu lesen, dass Hamburg sich im März 1813 sozusagen selbst von den Franzosen befreite und damit Tettenborns kurze Anwesenheit in Hamburg ermöglichte. Zu den Persönlichkeiten an der Spitze dieser Aktion gehörte neben Anderen der Mediziner Dr. Jonas Ludwig von Heß, der dann auch Chef der neugegründeten Bürgergarde wurde. Man findet von Heß in den geschichtlichen Aufzeichnungen allerdings weder als Mediziner, noch als Soldat ausführlich. Vielmehr machte er sich als Schriftsteller einen Namen und schuf Werke, die für die hamburgische Geschichte von großem Wert sind.

Jonas Ludwig von Heß wurde am 8. April 1756 in Stralsund geboren. Er war Leutnant der schwedischen Armee, ein kleiner Mann mit finsterer Miene und zerschlagener Nase. 1780 kam er nach Hamburg. Er fand Anschluss an die Familien Reimarus, Sieveking, Schuchmacher und Hudtwalcker und begeisterte diese mit seiner Scharfsinnigkeit. 1786 gründete er eine Publikation mit dem Titel „Journal aller Journale oder Geist der vaterländischen und fremden Zeitschriften“, in der er regelmäßig 50 Zeitschriften aus Deutschland, der Schweiz, England, England, Frankreich, Holland, Schweden, Dänemark und Italien zu literarischen, historischen und politischen Fragen zitierte oder referierte. Im Jahr 1800 verließ von Heß unsere Stadt kurz, um in Königsberg seine medizinische Doktorarbeit zu schreiben. Hierfür benötigte er nur wenige Wochen. Eine Bereicherung war in dieser Zeit die Bekanntschaft mit Immanuel Kant. 1801 kehrte von Heß nach Hamburg zurück und erwarb das Hamburgische Bürgerrecht.

Bereits im Sommer 1787 erschien der erste Band seiner Topographie, in der von Heß Hamburgs Hafen, Fleete und Schleusen beschrieb, die Quartiere in 155 Straßen, Kirchen, Armenstifte und alle größeren Stadt- und Privatgebäude. Im Mai 1789 erschien ein zweiter Band mit der Topographie des Hamburger Landgebietes, ergänzt durch zwei Texte, in denen von Heß die Hamburger und ihre Verhaltensweisen fast wissenschaftlich beschrieb. Schließlich erschien im April 1792 ein dritter und letzter Band, eine kritische Verfassungsgeschichte der Stadt Hamburg. 1810 und 1811 erschienen die drei Bände noch einmal in überarbeiteter Fassung. Anders als zuvor widmete von Heß diesmal dem Waisenhaus, dem Werk- und Zuchthaus und dem Krankenhof jeweils 60 Seiten Darstellung.

Dann war Hamburg von den Franzosen besetzt. Im Februar 1813 begann von Heß zusammen mit dem Buchhändler Friedrich Perthes, dem Sekretär der ehrb. Oberalten Dr. Ferdinand Beneke und dem Bleidecker David Christoffer Mettlerkamp Freiwillige zu sammeln und mit ihnen unter Waffen zu üben. Unruhen schüchterten die Franzosen ein, weshalb erst die französischen Zivilisten und dann das Militär unter General St. Cyr die Stadt verließ. Von Heß nahm am 12. März über einen preußischen Verbindungsmann Kontakt zum Kosakenoberst Tettenborn auf und informierte ihn über den Abzug. Nachdem sich Hamburg für frei erklärt hatte, zogen die Russen in die Stadt ein. Von Heß wurde Chef der Bürgergarde, die die Stadt gegen die Franzosen verteidigen sollte.

Tatsächlich war dem französischen Bombardement nicht standzuhalten. Tettenborn stahl sich des Nachts aus Hamburg, von Heß floh ebenfalls über Schweden nach England. Hier sammelte er in Absprache mit Perthes, Mettlerkamp und Karl Sieveking Unterstützungsgelder für die Hanseatische Legion. Im Mai 1814 war Hamburg frei und von Heß konnte zurückkehren. Er ging noch für kurze Zeit als Diplomat nach Paris, blieb dann aber dauerhaft in Hamburg. Hier gab es großen Streit über die Frage, warum man die Stadt 1813 erneut an die Franzosen verloren hatte. Von Heß fühlte sich zu mehreren Verteidigungsschriften veranlasst. Seine politischen Vorstellungen von einer bürgernahen Verfassungsreform sah er gescheitert.

Im Alter von 49 Jahren hatte von Heß am 20. November 1805 eine erst 21-jährige Tochter des Senators Johann Michael Hudtwalcker geheiratet. Von Heß starb am 20. Februar 1823, seine Frau Thusnelda am 5. Februar 1866. Der Name Dr. Jonas Ludwig von Heß findet sich auf der Hudtwalckersäule auf dem Ohlsdorfer Friedhof bei Kapelle 2, auf der Gedenkplatte mit den Namen der Freiheitskämpfer auf dem Althamburgischen Gedächtnisfriedhof und schließlich zusammen mit seiner Frau auf dem eigenen Grabmal, das jetzt im Grabmalmuseum im Heckengarten steht. Nach Jonas Ludwig von Heß wurde der „von-Heß-Weg“ beim Rauhen Haus benannt.

Autor: Michael Weidmann

Oberstleutnant David Christoffer Mettlerkamp

David Mettlerkamp, Steinzeichnung von H.-J. Herterich 1825

1752 hatte Benjamin Franklin den Blitzableiter erfunden. In Hamburg begann sich der Arzt Dr. Johann Albert Henrich Reimarus* nach einem Blitzeinschlag in den Turm der St. Nikolaikirche am 6. November 1767 mit den theoretischen Grundlagen des Blitzschutzes zu befassen. Er sorgte dafür, dass im August 1770 der erste Blitzableiter auf St. Jacobi montiert wurde.

Wenngleich die erste Montage vom Bleideckermeister Hinrich Friedrich Benjamin Michelsen ausgeführt wurde, schrieb doch Senator Martin Hieronymus Hudtwalcker dies dem Bleideckermeister Matthias Andreas Mettlerkamp zu. Wie bei vielen technischen Neuerungen erntete also ein Anderer die Lorbeeren. Michelsen geriet in Vergessenheit. Mettlerkamp jedoch wurde mit seinem Bleideckerbetrieb sehr wohlhabend, kaufte mehrere Häuser und Grundstücke und wurde von der Patriotischen Gesellschaft mit der Ernennung zum „Associrten“ geehrt.

Dr. Reimarus protegierte Mettlerkamps am 8. Juni 1774 geborenen Sohn David Christoffer, empfahl ihn zu einer Studienreise nach Kopenhagen, um dort Blitzableiter zu studieren, und begleitet dessen kleine Veröffentlichungen, die in den Jahren 1800 in Hamburg und 1812 in Leipzig erschienen. David Christoffer Mettlerkamp, ein stattlicher Mann mit hoher Stirn, leuchtend blauen Augen und einer markigen Stimme, übernahm den Betrieb des Vaters und das Haus Lange Mühren 37. Er heiratete zweimal und zeugte 16 Kinder, drei mit seiner ersten Frau Friederike Margaretha, weitere zwölf mit seiner zweiten Frau Auguste Amalie Christiane (einer Tochter des bekannten Pädagogen Johann Carl Daniel Curio) und eines mit seiner Geliebten, das seine Ehefrau bereitwillig mit den anderen Kindern aufzog. Aufenthalte 1808 auf dem Brocken und der Residenz des Königs Jerome in Kassel verstärkten den Vaterlandssinn Mettlerkamps.

Johann Albert Henrich Reimarus, Gemälde von Friedrich Carl Gröger

Im Kapitel „Vorgeschichte: Vertreibt die Franzosen!“ ist zu lesen, dass Hamburg sich im März 1813 sozusagen selbst von den Franzosen befreite und damit Tettenborns kurze Anwesenheit in Hamburg ermöglichte. Zu den Persönlichkeiten an der Spitze dieser Aktion gehörte David Christoffer Mettlerkamp. Gemeinsam mit dem Buchhändler Friedrich Perthes, dem Sekretär der ehrb. Oberalten Dr. Ferdinand Beneke und dem Mediziner Dr. Jonas Ludwig von Heß sammelte Mettlerkamp Freiwillige und übte mit ihnen unter Waffen. Unruhen schüchterten die Franzosen ein, weshalb erst die französischen Zivilisten und dann das Militär unter General St. Cyr die Stadt verließen.

In den nächsten Wochen wurde zur Verteidigung eine Bürgergarde gegründet und Mettlerkamp unter von Heß Bataillionskommandant. Die Franzosen kamen nach wenigen Wochen zurück, begannen ein starkes Bombardement und Tettenborn stahl sich des Nachts aus der Stadt. Auch von Heß musste fliehen. Nachdem der Senat nicht bereit war ihn weiter zu unterstützen, gelang es Mettlerkamp jedoch mit seinem Generalsadjutanten und Stabsmajor Dr. Ferdinand Beneke und einem Teil der Bürgergarde, die ihm treu ergeben und blindlings zu folgen bereit war, die Stadt zu verlassen. In Abwesenheit verurteilten ihn die Franzosen zum Tode und konfiszierten seinen Besitz.

Mettlerkamp kämpfte mit der russischen Armee rund um Hamburg, in Bergedorf, Wilhelmsburg und auf der Veddel, sehr erfolgreich und erlangte bei den Verbündeten großes Ansehen. Begleitet wurde er bei den Kämpfen auch von seinem ältesten Sohn. Allerdings litt Mettlerkamp unter dem sehr zurückhaltenden russischen Oberbefehl. Am 31. Mai 1814, nach dem Sieg über die Franzosen, zog die Bürgergarde unter Mettlerkamp ehrenhalber vor den Verbündeten in das befreite Hamburg ein. Die Bürgergarde wurde dann am 24. Juni auf Mettlerkamps Wunsch durch den Senat aufgelöst.

In Hamburg ging man schnell zur Tagesordnung über, vergaß auch Verpflichtungen aus den Kriegszeiten (für die Mettlerkamp persönlich gebürgt hatte). Er zog enttäuscht von seiner Vaterstadt in die Einsamkeit Bessarabiens (heute Moldawien/Ukraine), kam aber im Mai 1827 aus Heimweh nach Hamburg zurück, nachdem ihm der Senat eine kleine Entschädigung für seine Kriegsverluste gewährt hatte. Auf dem Grasbrook, vor dem Sandtor gründete er eine Eisengießerei, die er selbst „Neue Hamburgische Eisenhütte“ nannte und die für ihre Arbeiten einige Berühmtheit erlangte.

Mettlerkamps Aussöhnung mit Hamburg erfolgte, als er 1848 unter die Abgesandten gewählt wurde, die beim Senat die Einsetzung einer verfassungsgebenden Versammlung erreichten. Im Alter von 75 Jahren hatte dieser Hamburger Held schließlich die Ehre, die Konstituante zu eröffnen. Kurz darauf, am 25. Juli 1850, starb Mettlerkamp. Es wird kolportiert, dass er als letzte Worte seiner Frau zurief „Nun denn – endlich – Gute Nacht!“

Der Name David Christoffer Mettlerkamp mit dem Zusatz „Kommandeur des Corps der Hanseatischen Bürgergarde“ findet sich auf der Platte mit Namen des Bürgermilitärs auf dem Althamburgischen Gedächtnisfriedhof. Sein Grabmal stand auf dem Maria-Magdalenen-Friedhof und wurde später nach Ohlsdorf in das Friedhofsmuseum historischer Grabsteine umgesetzt – hier verschwand es 1968 auf ungeklärte Weise. Nach David Christoffer Mettlerkamp wurde der „Mettlerkampsweg“ beim Rauhen Hause benannt.


Autor: Michael Weidmann

*Johann Albert Henrich Reimarus studierte in Göttingen, Leiden, Edinburgh und London Medizin, promovierte in Leiden und wurde 1757 Arzt in Hamburg. Er war 1765 Mitbegründer der Patriotischen Gesellschaft, wurde 1796 Professor am Akademischen Gymnasium, ging 1808 an die Bayerische Akademie und 1812 an die Göttinger Akademie der Wissenschaften.
In seinem Haus trafen sich die bedeutendesten Persönlichkeiten der damaligen Zeit, Künstler wie Lessing und Klopstock, Politiker wie Sieveking und Kaufleute wie Caspar Voght. Als Hamburg 1813 erneut von den Franzosen besetzt wurde, zog der 83-Jährige Reimarus auf das Schloß Rantzau zu seinem Schwager und starb dort 1814.