Präses GÜNTHER GLATZ

Günther Glatz wurde am 1. September 1923 in Breslau geboren. Nach Kriegsdienst, Gefangenschaft und anschließendem Studium trat er 1954 als Lehrer in den Hamburger Schuldienst ein und wurde 1969 Studienrat an Sonderschulen. Von 1982 bis zu seiner Pensionierung 1988 war er Leiter einer Förderschule.

Von 1970 bis 1978 gehörte Günther Glatz für die F.D.P. der Hamburgischen Bürgerschaft an, von 1974 bis 1978 war er dort Vorsitzender des Umweltausschusses. Seine politischen Schwerpunkte waren die Umwelt-, Kultur-, Schul- und Bildungspolitik. Günther Glatz engagierte sich insbesondere für die Gründung der Technischen Universität als Mitglied der Gesellschaft zur Förderung der Hochschuleinrichtungen in Hamburg-Harburg. Insbesondere diese Leistung würdigte der Senat mit der Verleihung der Medaille für treue Arbeit im Dienste des Volkes, die Günther Glatz eine Woche vor seinem Tode 1990 entgegen nehmen konnte.

Als Vorsitzender des Bürgervereins Wilhelmsburg kam Günther Glatz zum Zentralausschuss Hamburgischer Bürgervereine, wo er zunächst Vicepräses und 1982 bis zu seinem Tode als Präses vorbildlich wirkte. Günther Glatz ist einer der drei Präsides des Zentralausschusses, denen die damalige Gemeinschaft der Bürgervereine unserer Stadt ihr Gepräge und ihre Reputation verdankt. Hans Iska-Holtz, Günther Glatz und Michael Weidmann sind sozusagen die „Väter“ des Hamburger Bürgertages und eines großen Netzwerkes von Verbindungen und Anerkennung. Günther Glatz schuf den „Portugaleser Bürger danken“, dessen Funktion und Verleihung in dieser Dokumentation natürlich angemessen umfassenden Raum einnehmen wird.

Die Erinnerung an Günther Glatz ist in erster Linie eine persönliche. Ich möchte deswegen persönliche Gedanken an diesen großen Bürgervereinsvertreter in den Vordergrund stellen. Ich traf Günther Glatz erstmals 1985 auf mehreren Veranstaltungen. Nachdem ich im gleichen Jahr Abgeordneter im Zentralausschuss Hamburgischer Bürgervereine geworden war, fragte er mich, ob ich Interesse hätte seine ehrenamtliche Arbeit zu begleiten. So übernahm ich nach einiger Zeit in meiner Freizeit die Verantwortung für die Geschäftsstelle im Großen Burstah 36/38 und begleitete den Präses zu vielen Terminen.

Die Abgeordnetenversammlung wählte mich in den Verbandsvorstand, wo ich einige Jahre lang als Schriftführer die Protokolle führen durfte. Dann erkrankte Günther Glatz und das Präsidium, allen voran die Ehrenpräsides Hans Iska-Holtz und Jürgen W. Scheutzow, baten mich 1998 – erstmals in der Geschichte des Verbandes – neben dem Präses als „geschäftsführendes Präsidiumsmitglied“ zu fungieren. So führte ich in enger Abstimmung mit Günther Glatz die Geschäfte.

Je mehr Günther Glatz im Laufe des nächsten Jahres die Kraft verließ, umso stärker wurden unsere Treffen privat. Wichtiger als seine „Amtsgeschäfte“ war es ihm, vor seinem Heimgang seine Überzeugungen weiterzugeben. Die letzten Abende vor seinem Tode in seinem Haus auf dem Deich am Stillhorner Weg sind mir unauslöschlich in besonderer Erinnerung.

Günther Glatz war für mich Mentor und Vorbild. Als sein Protegé konnte ich fünf Jahre lang Eindrücke und Erfahrungen sammeln, sozusagen „Bürgerverein lernen“. Vor allem aber durfte ich erfahren, was Günther Glatz dachte, was seine Vorstellungen und Fähigkeiten waren diese in die Tat umzusetzen. Günther Glatz war sicherlich nach Dr. Rolf Weise der stärkste Motor für die gemeinsame Sache der Hamburger Bürgervereine in der Funktion des Präses. Es wird in dieser Dokumentation noch viel von seinen Ideen und Aktivitäten zu lesen geben.

Günther Glatz lehrte uns, dass Parteipolitik und Bürgervereinsarbeit unvereinbar sind. Mit dem Amtsantritt als Präses legte er deswegen alle Parteiaufgaben nieder. Günther Glatz kannte und lebte das Selbstverständnis der Bürgervereine und die strikte Selbstverpflichtung zur Überparteilichkeit. Niemals dürfen politische Parteigänger für die Gemeinschaft der engagierten Bürger sprechen. Niemals dürfen Vertreter von Partikularinteressen ihre persönliche Bedeutung dadurch aufzuwerten suchen, dass sie vorgeblich für alle Menschen sprechen. Nur Persönlichkeiten, die sich dieser grundsätzlichen Überzeugung, dem Bürgervereinsgedanken in seiner ursprünglichen Form verschreiben, können erfolgreich Bürgerbeteiligung demonstrieren und vorleben. Von 1886 bis 2012 hat sich diese Überzeugung erhalten – vor allem dank solcher Persönlichkeiten wie Präses Günther Glatz.

Günter Glanz im Amt

Günther Glatz war sozial, einfühlsam und sensibel, dabei unbeirrbar in seinen Vorstellungen und unverbrüchlich in seiner Freundschaft. Er war überzeugter Christ und brachte dies in kleinen handschriftlichen Gedanken und Erinnerungen zum Ausdruck. Er war kunstsinnig und liebte alles Schöne. Dabei war er ein Sportler und Abenteurer in seiner Freizeit, was er mit einem auffälligen geländegängigen Auto genauso zeigte, wie mit Kleidung aus Fernost, die er nach Rückkehr von seinen Reisen in der Abgeordnetenversammlung präsentierte. Einer seiner letzten Sätze war, dass er ein glückliches Leben leben durfte und sein Haus bestellt habe. Damit meinte er nicht zuletzt die Gewissheit, dass die Arbeit des Zentralausschusses Hamburgischer Bürgervereine in seinem Gedanken weitergeführt werden würde.

Günther Glatz starb am 11. November 1990 an seinem grausamen Krebsleiden, erlöst aus einem Zustand, der seiner nicht mehr würdig war und unter dem die sonst so extrovertierte Persönlichkeit unsagbar litt. Günther Glatz wurde 67 Jahre alt. Senat und Bürgerschaft, viele Repräsentanten von Vereinen und Verbänden, Parteien und Institutionen kondolierten. Die Presse berichtete umfassend. Für die hamburgischen Bürgervereine gedachten Ehrenpräses Hans Iska-Holtz, die Vorsitzende des Hauptausschusses Wera Tränckler und der Geschäftsführer Michael Weidmann für den Vorstand dem verstorbenen Freund und Weggefährten.

Mit Günther Glatz ging ein erfülltes Bürgervereinsleben zu Ende. Es war der Keim für die nächsten 20 Jahre erfolgreicher Bürgervereinsarbeit in unserer Stadt.

 

Autor: Michael Weidmann

Günther Glatz schrieb bereits im Jahre 1968 für das Verbandsorgan des Zentralausschusses Hamburgischer Bürgervereine einen Aufsatz über seinen Besuch vom 90. Geburtstag von Hermann Claudius. Diese Autorenschaft verdankte er der Bekanntschaft mit Präses Jürgen W. Scheutzow. Dies ist ein besonders seltenes Dokument, weil es sehr frühe Aktivitäten von Günther Glatz belegt.


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