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Siebtes Kapitel: Bergedorf

Wie bereits beschrieben, war Bergedorf Mitte des 19. Jahrhunderts ein „Städtchen“ (das war die offizielle Bezeichnung), deren Verwaltung sich Hamburg und Lübeck teilten, bis Hamburg 1867 den lübschen Anteil mit allen landeshoheitlichen Rechten und Pflichten erwarb. Etwas mehr als 2000 Menschen lebten und arbeiteten um das Schloss herum, angebunden war Bergedorf mit der Bahn an Hamburg und Berlin.

Das Bergedorfer Schloss im Jahre 1844, Carl Martin Laeisz, Stahlstich von Jens Gray

Auf Initiative des Arztes Dr. Johann Heinrich Nölting trafen sich am 7. Oktober 1847 einige „ehrenwerte und geachtete Männer aus allen Berufen“, und konstituierten eine Woche später den Bergedorfer Bürgerverein mit 58 Gründungsmitgliedern. Erster Präses wurde Christoph Marquard Edd. Vereinszweck war zunächst „die Beförderung eines freisinnigen Bürgerthums“, das Wort „freisinnig“ wurde später gestrichen.

Wie schon der MONDSCHEIN-CLUB (siehe erstes Kapitel) traf man sich zunächst alle vier Wochen mittwochs zur Zeit des Mondscheins, damit alle Teilnehmer gut nach Hause kamen. Straßenlaternen gab es in Bergedorf noch nicht. „Freundschaftliche Besprechungen, Lektüre, Vorlesungen, Schach-, Domino-, Dame- und Kartenspiel, Gesang und dergleichen“ machten den Bürgerverein zum Anziehungspunkt für Geselligkeit in der Ortschaft.

Die Stiftung und Förderung gemeinnütziger Anstalten war erklärtes Ziel, und so war es wenige Tage nach der Vereinsgründung wiederum Dr. Nölting, der die Errichtung einer Sparkasse vorschlug. Es dauerte zunächst fast ein Jahr, bis die Zustimmungen aus Lübeck und Hamburg vorlagen, aber schließlich begann am 3. August 1850 der Geschäftsbetrieb der Sparkasse. Nach 25 Jahren Unabhängigkeit ging sie 1874 in den Besitz der „Stadt Bergedorf“ über und wurde als „Städtische Sparkasse Bergedorf“ schließlich 1937 mit der „Hamburger Neuen Sparcasse von 1864“ vereinigt.

Hamburg-Bergedorfer-Eisenbahnhof um 1843, Wilhelm Heuer

Dr. Nölting machte erneut von sich reden, als er im Februar 1848 die Gründung eines Schützenvereins initiierte. Der Bürgerverein beteiligte sich am Aufbau einer Bergedorfer Bürgerwehr und stellte aus seinen Reihen den Hauptmann Dr. Bülow. Weiterhin beteiligte er sich maßgeblich am Aufbau demokratischer Strukturen in Bergedorf, förderte den Aufbau einer Bibliothek und unterstützte den Bau einer Bahn nach Geesthacht und Zollenspieker.

1891 stiftete der Bergedorfer Bürgerverein ein Denkmal für Kaiser Wilhelm I. Im folgenden Jahr legte er den Grundstock für eine Heimatsammlung, die 1953 in das Eigentum des Staates überging und danach als „Museum für Bergedorf und die Vierlande, Außendienststelle des Museums für hamburgische Geschichte“ weitergeführt wurde.

Den Bergedorfer Bürgerverein gibt es noch heute. Allerdings dokumentiert die Vereinshomepage aktuell nur noch wenige (fast ausschließlich gesellige) Aktivitäten. Die Heimatsammlung bildete offenbar die Basis für diverse Zusammenstellungen im Internet und in gedruckter Form.

Mit dem Vereinsvorsitz von Christa Timmermann geht dieses 170 Jahre alte, wertvolle Engagement demnächst zuende. Zum 31. Dezember 2017 ist die Vereinsauflösung beschlossen, obwohl zuletzt 220 Mitglieder zu verzeichnen waren.

 

Autor: Michael Weidmann