Zehntes Kapitel: Altona

Gleich drei Bürgervereine gründeten sich in der schleswig-holsteinischen Stadt Altona, die unter dänischer Oberhoheit stand. Ein erster Bürgerverein im Jahr 1846, ein zweiter am 1. Juni 1848 als „Neuer Bürgerverein“ und ein dritter im Jahr 1886 für den Nordteil Altonas. 1905 wurden schlossen sich die beiden letztgenannten zu einem Bürgerverein zusammen, der das 20. Jahrhundert über Bestand hatte.

Panorama einer Reise von Hamburg nach Altona und zurück, nach 1824, unbekannter Künstler

Altona-Hamburger Viehmarkt um 1847, Johann Friedrich Knecht

Im Jahr 1848 hatte Altona 35.000 Einwohner und war damit nach Kopenhagen die größte Stadt im dänischen Machtbereich. Mit Ansiedlungsfreiheit für jedermann, mit Religionsfreiheit, Zoll- und Gewerbefreiheit wetteiferte Altona mit Hamburg als stolze See- und Handelsstadt. Allerdings erlosch das Interesse Dänemarks, weshalb die Stadt Altona immer stärker auf sich allein gestellt wurde.

Wintervergnügen auf der Elbe zwischen Hamburg und Altona 1838, Peter Suhr

Der erste Bürgerverein von 1846 vereinigte vor allem die obersten Gesellschaftsschichten, verlangte einen entsprechend hohen Beitrag und widmete sich vor allem der Geselligkeit. So erfolgte der Aufruf durch „mehrere hiesige Bürger des Mittelstandes einen Verein ins Leben zu rufen, welcher vorzugsweise den in das Gemeinleben der Vaterstadt eingreifenden Vorkommenheiten seine Aufmerksamkeit und seine Kräfte widmen will“. Man bat in den Saal des Herrn Werner in der Breitestraße 9 und gründete den „Neuen Bürgerverein von 1848“.

Zeitungsbericht über die Gründung

Eine Veröffentlichung auf der Titelseite der „Königlich privilegirten Altonaer Adreß-Comtoir-Nachrichten“ zwei Tage später beschreibt die strengen Regeln, nach denen das Vereinsleben sich gestaltete. Zu Vorsitzenden wurden der Kaufmann Joh. Christ. Wilhelm Thun und der Uhrmacher Boldtmann gewählt.

Schleswig-Holsteins Erhebung bestimmte die ersten Aktivitäten. Bereits am 12. Juni 1848 nahm man Stellung zu der von der provisorischen Regierung in Kiel empfohlenen allgemeinen Wehrpflicht und beschloss eine diesbezügliche Eingabe an die Schleswig-Holsteinische Ständeversammlung in Rendsburg. Mit 1.194 Unterschriften wurde diese nach Rendsburg gesandt. Der Wortlaut hat sich erhalten.

Fischmarkt in Altona 1856, Wilhelm Heuer

Am 2. August 1848 schickte man eine weitere Adresse an den Erzherzog Reichsverweser, in der sich der Bürgerverein gegen jeden Waffenstillstand oder Friedensschluss aussprach, die nicht von der provisorischen Regierung und dem Reichsverweser genehmigt worden wäre, und gegen jede Teilung Schleswig-Holsteins und jede Zerstückelung Schleswigs protestierte. Der Waffenstillstand erfolgte am 26. August 1848 in Malmö und der Bürgerverein verfasste eine Denkschrift an die Mitglieder der Nationalversammlung.

Altonaer Eingabe

Weitere Aktivitäten des Gründungsjahres 1848 waren eine Sammlung von 537 1/3 Reichstalern für die Verwundeten und Gefangenen in Copenhagen, die Diskussion der Verbesserung der Wasserversorgung und der Straßenbeleuchtung, verbunden mit der Gründung einer Gas-Aktiengesellschaft, und die Teilnahme an einem Treffen in Neumünster, auf dem die eventuelle Vereinigung aller Bürgervereine Schleswig-Holsteins beraten wurde.

Altona um 1860, Julius Gottheil

Die Altonaer Bürgervereine waren im 19. und nach der Vereinigung im 20. Jahrhundert eine wichtige Institution, die hier häufiger Erwähnung finden wird. Leider ging mit dem Vorsitzenden Wolfgang Vacano das Vereinsleben  zu Ende, so dass der Altonaer Bürgerverein 2006 schließlich aufgelöst werden musste.


Autor: Michael Weidmann