Erstes Kapitel: Inhalte und Aufgaben

Wer in Geschichtsbüchern nach dem Begriff „Bürgerverein“ sucht, findet die unterschiedlichsten Interpretationen. Tatsächlich hat dieses Wort im Laufe der Geschichte verschiedenste Inhalte gehabt – so wie heute noch die Schwerpunkte der Betätigung von Verein zu Verein variieren.

Frühester und vornehmster Zweck der Bürgervereine war die „Verbreitung der allgemeinen Bildung“, sowohl auf politischem Gebiet, als auch in den Bereichen der Geselligkeit und des geistigen Lebens. Bereits in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts entstanden unter diesen „Bildungsvereinen“ auch solche, die erklärtermaßen politische Zwecke zu erreichen suchten.

Der MONDSCHEIN-CLUB etwa befasste sich mit den kommunalen Angelegenheiten der Dorfschaft Eimsbüttel. Der Verein tagte immer dann, wenn Mondschein im Kalender verzeichnet war. Die Mondscheinbrüder waren auf das Wohl der engeren Heimat bedacht, waren stets auf Kontaktsuche und sehr aktiv. Als Abzeichen trugen sie einen silbernen Halbmond. In seinen Veröffentlichungen meldete sich der Verein als „Mondschein-Staat“.

Solch politisches Engagement färbte bald auch auf die reinen Bildungsvereine ab. Bewegte Zeiten machten es erforderlich, dass der hansische Ausspruch „Stadtluft macht frei!“ von den Bürgern selbst mit mehr Leben gefüllt wurde. Schwere Zeiten für die Hamburger (Kriege, Epidemien, Brände und andere Katastrophen) zeitigten jeweils spontanes gemeinschaftliches Engagement. Und so wird in dieser Abhandlung auch darzustellen sein, dass sich die GRÜNDUNGSPHASEN der Hamburger Vereine an den Kriegen und Notständen orientierten, bei denen die Mitwirkung der organisierten Gemeinschaften jeweils von herausragender Bedeutung gewesen sind.

Innerhalb kurzer Zeit gab es keine Bürgervereine als reine Bildungsvereine mehr. Die Volksbildung blieb ein Zweig der Betätigung, neben dem das Engagement auf politischem, kommunalem, wirtschaftlichem und sozialem Gebiet gleichbedeutend einherging.

Autor: Michael Weidmann