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Hamburgs Soldaten

Hamburg schuf zu Beginn des 17. Jahrhunderts eine ständige Söldnertruppe zur Verteidigung der Stadt. Diese war zunächst nur 100 Mann stark, wuchs dann wegen des Dreißigjährigen Krieges 1638 auf 1.489 Soldaten und um 1800 auf 1.974 Soldaten. Sie untergliederte sich in 84 Dragoner, 1800 Grenadiere und Musketiere und 90 Kanoniere mit 315 Geschützen. Die einfachen Soldaten waren nicht uniformiert. Trotzdem waren die Kosten der Garnison gewaltig, weshalb die Bürgerschaft regelmäßig die Auflösung erwog.

Hamburger Soldreiter um 1650, Hamburger Stadtsoldat (Grenadier) um 1770

Officierspatent der Bürgerwache 1749, Kupferstich von C. Fritsch

Das Hamburger Stadtmilitair: Dragoner, Grenadiere, Musketiere und Konstabler in Parade auf dem Großneumarkt im Jahre 1800, Peter Suhr

Zwei Kompanien der Bürgerwache ziehen vom Dammtor aus nach Hause, um 1800, Lithographie von Peter Suhr

Hamburgisches Bürgermilitär um 1800

Neben diesen Berufssoldaten bildete sich 1617 eine Bürgerwache aus fünf Regimentern, für jedes Kirchspiel eines. Die Regimentsfarben waren seit 1711 Rot für St. Petri, Blau für St. Nikolai, Gelb für St. Katharinen, Weiß für St. Jacobi und St. Georg und Grün für St. Michaelis. Um 1800 bestand diese Truppe aus 10.000 Mann.

Zwei Soldaten der Bürgerwache im 18. Jahrhundert (links) und vier Soldaten der hanseatischen Bürgergarde 1813

Die Hanseatische Legion im Biwak auf der Wilhelmsburg 1813, Auarell von Christoffer Suhr

Dienstverpflichtet waren Männer bis 60 Jahren. Apotheker, Lehrer, Organisten, Alsterfischer, Kranke, Gebrechliche und Ausländer wurden gegen Zahlung einer Gebühr von der Wehrpflicht befreit. Auch sonst konnte man sich vom Dienst freikaufen. Durch einen sogenannten „Lohnwächter“ konnte man sich gegen Entgelt sogar im Dienst vertreten lassen.

Parade des Hamburger Bürgermilitairs auf dem Gänsemarkt am 15. Januar 1815, F. H. W. Roemaesler

Hamburger Bürgermilitär auf der Wache um 1818, Aquarell von Georg Emanuel Opitz

Ihren Sinn hatte die Bürgerwache nur als Unterstützung bei plötzlich ausbrechenden Bränden und als Hilfe für die nächtliche Sicherheit auf den Straßen sowie als prächtig uniformierte Paradetruppe. Im Übrigen war sie – von der Bevölkerung verächtlich „Knüppelgarde“ genannt – nahezu ohne militärischen Wert. Häufig führten die Garnisonskommandanten Beschwerde, dass die Bürgerkompagnien nicht zu gebrauchen, weil zumeist besoffen seien. Auch kamen Hamburgs Truppen zwischen 1638 und 1806 nur ein einziges Mal ins Gefecht, als nämlich 1686 die Dänen die Stadt nehmen wollten. Unter großen Verlusten obsiegten die Hamburger an der Sternschanze. 1708 besetzten Hamburgs Soldaten noch einmal die Stadtwälle, um die herannahenden Kreistruppen abzuwehren. Rath und Bürgerwache kapitulierten dann jedoch nahezu kampflos.

1811 löste Marshall Davout die Bürgerwache auf. Wie im Kapitel „Vorgeschichte: Vertreibt die Franzosen!“ zu lesen ist, gründete sich in der kurzen Entsatzungszeit eine Bürgergarde unter Oberst Jonas Ludwig von Heß und trotz geringer Mittel wurde eine Hanseatische Legion aufgestellt worden, die Freiwillige aus Hamburg, Bremen und Lübeck vereinigte. Sie verließ Hamburg mit Tettenborn, bildete unter anderem ein Ulanenkorps und kämpfte ohne nennenswerte Erfolge gegen die Franzosen bei Lübeck, Ratzeburg, Mustin, Mölln, Harburg und Bremen. Am 30. Juni 1814 wurde sie aufgelöst. 175 junge Hamburger hatten in diesem Dienst ihr Leben gelassen. Die Bürgergarde verließ unter David Christoffer Mettlerkamp ebenfalls Hamburg und kämpfte erfolgreich mit den verbündeten Russen bis zur Rückkehr in unsere Stadt. Sie wurde am 24. Juni 1814 auf Mettlerkamps Wunsch aufgelöst.

Fourageure des Hamburgischen Bundeskontingents nach der Napoleonischen Zeit, nach einer Lithographie von H. A. Eck und Chr. Weiss

Hamburger Bürgermilitär mit Blumenmädchen, Steinzeichnung von L. Ens

Nach Abzug der Franzosen entstand als Nachfolge der Bürgerwache das Bürgermilitär, wohlorganisiert und gut einexerziert, bereits 1820 wieder 10.000 Mann (später 12.000 Mann) stark, mit patriotischem Sinn, aber militärisch wiederum nutzlos. Ihre Waffenübungen allerdings gerieten zu Freudenfesten für die ganze Stadt. Das Bürgermilitär bestand auch acht bis zehn Bataillonen Infanterie, von denen jeweils eines die Vorstädte St. Georg und St. Pauli zu stellen hatten, einem Bataillon Artillerie mit zwölf Kanonen und einer Eskadron Kavallerie.

Großes Wettrennen auf dem Bürger-Militär-Exercierplatz in Altona am 30. August 1835, Elias Martin Christian Kobe

Parade der Hanseatischen Legion auf dem Domplatz, Lithographie von P. Suhr

Parade des Bürgermilitärs im Jahre 1840, Gemälde von B. Waßner

Die Wacht-Parade des Bürgermilitärs auf dem Gänsemarkt in Hamburg 1841, Aquarell von A. Lehmann

Die Wehrpflicht bestand vom 25. bis zum 45. Lebensjahr, Waffen und Uniform mussten selbst angeschafft werden. Aristokraten wählten vorzugsweise die Artillerie, Wohlhabende die Kavallerie ohne Wachtdienst, das Jägerbataillon bestand – so wird berichtet – fast nur aus Schneidern und Friseuren. Jedes Bataillon hatte ein Musikkorps aus 40 bis 50 Mann vom Fach, die bei den aufwändigen Exerzierübungen die Zuschauer umso mehr begeisterten. Aufwändig war allerdings eher der Rahmen, als das kurze Exerzieren selbst.

Große Revue des Bürgermilitärs 1840

Rückkehr von der Revue, nach einer Lithographie aus dem Verlag von J. A. Michaelis

Die Hanseatische Kavallerie No. 17, J. H. Krogmann

Soldatenwohnungen am Spitalerthor gegenüber dem Schweinemarkt (die kleinen Häuser rechts im Bild)

Erwähnt werden soll noch, dass der Mitbegründer und erste Präses des St. Pauli Bürgervereins Matthias Mahlandt neben seinem Kaufmannsberuf im Bürgermilitär Karriere machte. 1838 war er Kapitän des 8. Bataillons, 1839 bis 1844 und 1849/50 Major dieser Einheit.

Die Wachtparade auf dem Pferdemarkt nach der Reorganisation des Bürgermilitärs, nach einem Stahlstich gezeichnet von J. Sander

Spottbild auf das Bürgermilitär, Steinzeichnung von H. Bollmann 1848

Im Zusammenhang mit der Verfassungsänderung und den Wahlen von 1859 spielte das Bürgermilitär eine wichtige Rolle von eigenen Gnaden. Die Idee der Tonhallenversammlung, die Truppen könnten in den Kompanien und Bataillonen ihre Offiziere selbst wählen, führte zur Lockerei der Disziplin und sogar zur Gründung eines „Bürgerwehr-Vereines“. Gardisten begleiteten aus eigenem Dafürhalten die Versammlungen in der Turnhalle, präsentierten das Gewehr vor den Mitgliedern und Anderes mehr. Zum Glück obsiegte hier jedoch der ruhige Bürgersinn der Hamburger und beendete den Unfug.

Soldaten des hamburgischen Bundeskontingents 1866

Eine Kompagnie des 3. Bataillons auf dem Alarmplatz Rathausmarkt Juni 1866

Am 30. Juni 1868 verzichtete Hamburg endlich auf eigenes Militär und unterstellte seine Truppen der Preußischen Armee. Dort bildeten sie das neugegründete Infanterie-Regiment Nr. 76.

Erinnerungsbild des Bürgermilitärs bei der Auflösung im Juli 1868

 

Autor: Michael Weidmann