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Das Nachtwächterkorps

Neben der Garnison und dem Bürgermilitär (siehe die Darstellung „Hamburgs Soldaten“) verfügte Hamburg aus alter Zeit über ein ehrwürdiges Nachtwächterkorps. Wie die Spritzenleute betrieben auch die Nachtwächter nebenbei ihre verschiedenen Gewerbe. Als Nachtwächter unterstanden sie der Autorität des Polizeiherrn. Sie waren militärisch organisiert mit Ober- und Unteroffizieren. Bewaffnet waren sie mit Gewehr und Degen. Hinzu kam nachts eine lange Lanze, die altbekannte Nachtwächterschnurre, eine Pfeife zum Signalisieren und ein Horn. Die zentrale Wache der Nachtwächter war auf dem Pferdemarkt.

Die Hauptwache des Nachtwächterkorps auf dem Pferdemarkt um 1800

Zwischen 9 Uhr abends und 6 Uhr morgens im Winter und zwischen 10 Uhr abends und 4 Uhr morgens im Sommer patrouillierte jeder Nachtwächter halbstündig sein Revier, betätigte die Schnurre und rief die Zeit aus. Mit dem Horn meldete er gegebenenfalls ausbrechendes Feuer. Auch registrierten die Nachtwächter Leute, die die Polizeistunde übertraten, die Nachtruhe störten oder sonst gegen die öffentliche Ordnung verstießen. Genauso „Weibspersonen, die sich nach 11 Uhr ohne männliche Begleitung sehen ließen“. Wer sich nicht ausweisen konnte, wurde ohne Ansicht seines Standes inhaftiert. Die „Inculpaten“ hatten dann am nächsten Tag zumeist 5 Mark 14 Strafe zu zahlen. „Fief Mark Vertein“ wurde so die sprichwörtliche Bezeichnung für Rechtsbrüche.

Fief Mark Vertein, Verhaftungen wegen Ordnungswidrigkeiten, Chr. Förster

Man sagte den Nachtwächtern mancherlei Disziplinlosigkeiten nach. Unpünktlichkeit, Alkohol und manches Schläfchen während des Dienstes waren an der Tagesordnung. Gassenjungen machten sich einen Spaß diesen „Polizisten“ dann ihre Ausrüstung zu stibitzen und sie peinlicherweise irgendwo aufzuhängen oder gar in einer Schmiede mehrere Lanzenköpfe miteinander zu verschmelzen. Auch in den Versammlungen der Bürgervereine waren die Zustände im Nachtwächterkorps ein häufiges Thema. Dies umso mehr, nachdem für die Hamburger eine Nachtwachensteuer erhoben wurde.

Ein Nachtwächter in seiner Dienstkleidung 1847, Lithographie von Heinrich Jessen

Der Nachtwächter Schuhmacher Blosfeld im Dorf Fuhlsbüttel

Nachtwächter verdienten sich regelmäßig manch hohes Trinkgeld, indem sie verbotenerweise angetrunkene Nachtschwärmer nach Hause brachten oder Fremde zu einem (weit entfernten) Hotel. Gern erzählt wird eine Anekdote, nach der Senator Abendroth als Polizeiherr einen Nachtwächter überführte: Getarnt als Fremder hatte er sich von einem Nachtwächter zum Hotel führen lassen und dafür wie üblich ein hohes Entgelt entrichtet. Zum Rapport ins Rathaus einbestellt beteuerte der Missetäter, er habe doch nur „dem besoffenen Schwein helfen wollen“.

 

Autor: Michael Weidmann